Der Verlag

Die Europäische Verlagsanstalt wurde am 14. November 1946 in Hamburg mit Lizenz der Militärbehörden gegründet. Mit dem Programm des neuen Verlages wollten die Gründer »Völkerverständigung und Propagierung des europäischen Gedankens« fördern.

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 machte sich die Europäische Verlagsanstalt bald mit einem anspruchsvollen und kritischen Programm, zu dem von Anfang an die Auseinandersetzung mit der jüdisch-deutschen Geschichte gehörte, einen Namen. An erster Stelle zu nennen ist dabei das großartige »Bilderbuch für Vergessliche«, mit Bildern der Zerstörung und Zeugnissen der Verblendung, das 1961 von Richard Errell herausgegeben wurde. Titel wie »Geschichte und Entstehung der Weimarer Republik« von Arthur Rosenberg, »Der SS-Staat« von Eugen Kogon, »Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft« von Hannah Arendt, »Der Doppelstaat« von Ernst Fraenkel und »Behemoth« von Franz Neumann sind inzwischen Standardwerke geworden. Hinzu kamen bedeutende literarische Autoren, wie Ernst Kreuder, Wolfgang Weyrauch, V.O. Stomps, Hans Henny Jahnn und das Gesamtwerk von B. Traven.

In den 1960er Jahren, inzwischen nach Frankfurt am Main umgezogen, entwickelte sich die Europäische Verlagsanstalt zu einem Forum für Gesellschaftskritik: So wurden die Proteste und Kampagnen gegen den Vietnam-Krieg, die Bild-Zeitung und die Notstandsgesetzgebung dokumentiert. Wolfgang Abendroth, Ossip K. Flechtheim, Iring Fetscher, Klaus Dörner, Erich Fromm veröffentlichten ihre Werke in der Europäischen Verlagsanstalt.

Ab 1973 wurde die Europäische Verlagsanstalt zusammen mit dem gewerkschaftseigenen Bund-Verlag in Köln weitergeführt. Dort erschien 1977 »Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus« des DDR-Regimekritikers Rudolf Bahro. Nicht nur ein Vorabdruck im »Spiegel«, sondern auch die Reaktion der damaligen DDR, die Bahro wegen Landesverrat verhaftete, trugen zu einer großen Verbreitung bei. Insgesamt sahen die Gewerkschaften jedoch ihre Erwartungen in einer Kooperation mit der Europäischen Verlagsanstalt nicht erfüllt und verkauften 1979 den Verlag.

So wurden der Verleger Axel Rütters, der 1976 mit Karl Markus Michel die »Syndikat Autoren- und Verlagsgesellschaft« gegründet hatte, und der Hamburger Rechtsanwalt Kurt Groenewold Gesellschafter des Verlags. Zusammen mit den Lektoren Günther Busch (jahrelang der „Kopf“ der edition suhrkamp) und Henning Ritter (Autor und Herausgeber, später verantwortlich für die Seite »Geisteswissenschaften« in der FAZ) führten sie die Europäische Verlagsanstalt mit Autoren wie Peter Brückner, Otto Kirchheimer, Alexander Kluge, Peter Gorsen, Albert Soboul, Isaiah Berlin, Ernst H. Gombrich zu ihren Anfängen zurück.

1999 erhielt die EVA, inzwischen seit 10 Jahren mit der Verlegerin Sabine Groenewold wieder in Hamburg, den Preis der Hamburger Kulturbehörde. In der Begründung heißt es: »Das Programm der Europäischen Verlagsanstalt bewegt sich seit vielen Jahren auf einem gleichbleibend hohen Niveau und überrascht dabei immer wieder mit Vorstößen in bislang unbetretenes Terrain … geleitet von einer klugen, aufgeklärten und zukunftsorientierten Intellektualität.«

Nach dem Ausscheiden von Sabine Groenewold Ende 2004 wurden wieder Axel Rütters und Irmela Rütters Verleger der Europäischen Verlagsanstalt. Sie setzten u.a. mit Büchern zu Umwelt und Gesellschaft neue Akzente. Vordenker und Initiatoren wie Michael Braungart („Die nächste industrielle Revolution“), Jakob von Uexküll („Das sind wir unseren Kindern schuldig“) oder Mathis Wackernagel („Der Ecological Footprint“) stellten Ihre Konzepte in der Europäischen Verlagsanstalt vor. Hierbei arbeitete der Verlag mit international agierenden Organisationen, die für innovative Ideen und gesellschaftlichen Wandel stehen, wie dem Club of Rome, dem Global Footprint Network oder dem World Future Council zusammen.

In den eva taschenbüchern werden Texte und Analysen bedeutender Philosophen und Soziologen wie Theodor W. Adorno, Zygmunt Bauman, Henri Bergson, Gilles Deleuze und Edmund Husserl, John Stuart Mill und vielen mehr wieder vorgelegt. Bücher zur Zeitgeschichte, zu Nationalismus und Diktatur, sowie zur jüdisch-deutschen/deutsch-jüdischen Geschichte knüpfen an die langjährige Verlagsgeschichte mit ihrer Gründungsidee der Völkerverständigung und des europäischen Gedankens an.

2021, im 75. Jahr des Bestehens wurde begonnen, das Archiv nach Standardwerken – wichtigen, nach wie vor gültigen und zukunftsweisenden Büchern, die diesen Gedanken verpflichtet waren – zu sichten und diese nach und nach neu ediert wieder aufzulegen. (Dieses Projekt soll in eine Forschungsplattform „Ideenhorizonte liberaler Demokratie“ übergehen, die allen, die sich mit den Themen beschäftigen, zur Verfügung und Mitarbeit offenstehen wird.)

Im Blick auf die wachsende Leserschaft wird dieses Programm unterstützt durch die ad-Reihe, die Autoren und Themen mit kommentierenden Texten vorstellt,  sowie durch Bücher von heutigen Autorinnen und Autoren, die – wissenschaftlich fundiert – zu zeitgenössischen Problemen Stellung beziehen.

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